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Das Video zu „Pfeiffer fragt“

Wird Energie in Deutschland mittelfristig zum Luxusgut? Was läuft falsch bei der Energiewende in Deutschland? Wo bleibt Brüssel mit einem europäischen Energiekonzept? Welche Weichen müssen wir dringend neu stellen, damit das Chaos bei der Energieversorgung stellt? Moderator Jürgen Pfeiffer stellt diese Fragen im Rahmen seiner Talkserie „Pfeiffer fragt!“ im Business Club Hamburg an:

Prof. Claudia Kemfert, Leiterin Energie, Verkehr und Umwelt Deutsches Institut für Wirtschaftsforschung (DIW)

Thomas Breuer, Leiter Energiepolitik, Greenpeace Deutschland

Pieter Wasmuth, Generalbevollmächtigter Norddeutschland, Vattenfall

Dr. Holger Krawinkel, Leiter Energie, Verbraucherzentrale Bundesverband

Max Schön, Vorstand Stiftung zweiGrad (u.a auch Club of Rome Deutschland, Desertec Foundation)



Eine Zusammenfassung des Politik-Talks von Sven Jösting

Das Fazit vorweg: Gäbe es bedeutend mehr Abstimmung der verschiedenen Interessen & Gruppen, klare Richtlinien, Planungssicherheit und eine verantwortliche Institution (Energieministerium), die Energiewende könnte gut gelingen, gar ein Exportschlager werden und Basis einer Energieagenda 2020 – Deutschland & Europa – sein. Denkverbote zu Gunsten von einer allgemeinen Lösung müssen der Vergangenheit angehören, alle Beteiligten ergebnisoffen über den eigenen Tellerrand schauen.

Wird Energie zum Luxusprodukt? Da gibt es mehrere Antworten: Für bestimmte Teile der Bevölkerung in Deutschland eindeutig Ja (Lösung auf politischem Wege), für die meisten indes nicht. Für die Industrie ein sehr wichtiger Standortfaktor. Für die Welt, die Menschheit eindeutig ein klares JA.. Energie ist aber nicht nur Strom, sondern auch Öl, Kohle…u.v.a. Für Strom kann man 2 – 3 % Anteil rechnen, so Prof. Kemfert. Indes zwischen 20 und 30 % wird die Energie für Mobilität und Wärme (Heizung) benötigt dort verbraucht.

Wer zahlt wie viel für Strom?

50% gehen an die Stromproduzenten ….sowie für die Lieferung (Netzentgelte u.a.), circa 33 %/ geht an den Staat mittels verschiedener Steuern und gar 20 % kommen durch die EEG-Umlage (Erneuerbaren Energien Gesetz). Wäre der Strom in Deutschland nun billiger, gäbe es die EEG-Umlage nicht? So eindeutig sicher nicht, denn die Stromerzeugung basiert ja auf vielen Aspekten und Rohstoffen und deren Preissituation wie beim Öl, der Kohle, dem Gas. So ist der Kohlepreis gefallen, da die USA via Fracking große Mengen Schiefergas gewinnen und damit andere Energieträger preislich unter Druck gebracht haben. Und über die Strombörse kommt der Verbraucher nicht an günstigeren Strom, da viele Einflussfaktoren hier zusammenkommen. Ein Beispiel: wird viel Solarstrom und Windenergie eingespeist und dies zu einem Zeitpunkt geringerer Energienachfrage, fallen die Preise, umgekehrt steigen sie, wenn es nicht genug Energie gibt, zieht die Nachfrage an.

Es geht um den Konflikt der Konzepte und fehlende Regelmechanismen, die den Strompreis gerade der erneuerbaren Energien wie Solar, Wind…“berechenbarer“ machen würden und preislich der Nachfrage angleichen. Das EEG wurde in der Zeit der Regierung Schröder (Rot/Grün) entwickelt und hat eine Absatzgarantie mit festen Abnahmepreisen geschaffen und der Umlage auf alle Stromzahler. Die Idee sei gut gewesen, so der Tenor der Runde, nur die Ausführung völlig mangelhaft, da immer mehr Strom aus regenerativen Energien auch automatisch zu einer höheren Umlage auf alle Verbraucher – Unternehmen wie Konsumenten – führt. Anmerkung: Die Sinnhaftigkeit des EEG beginnt da zu schwinden, weil ja nicht in Themen wie Energieeffizienz via EEG investiert wird, sondern nur höhere Kosten entstehen und weiter gegeben werden. Eine Subventionsspirale !

Dänemark macht es vor, dass es geht =  Durchschnittsvergütung des EEG-Mixes

Das EEG als Basis, eine neue Industrie entstehen zu lassen, war sicher gut und gut gemeint, man hätte aber wie in Dänemark marktwirtschaftliche Mechanismen der Preisfindung (welche Menge zu welcher Zeit zu welchem Kurs/Strompreis) einsetzen müssen. Und Dänemark fährt damit gut, was schon in den 70iger Jahren eingeführt wurde auf der Basis der Preisfindung eines Erneuerbaren-Energie-Mixes. Da geht es um eine Durchschnittsvergütung und diese ist in Dänemark wesentlich niedriger als in Deutschland. Und: dieses Modell wird mit nur circa 200 Mitarbeitern in Dänemark umgesetzt!

Wie kann man erneuerbare Energien kostengünstiger machen?

In Deutschland seien zu viele Interessen, wo jeder machen kann was er will, so mehrere Statements aus der Runde. Eine viel bessere Koordination ist notwendig. Freistellungsbescheide für manche energieintensive Industrien sei sinnvoll, so die Runde, da ansonsten eine Abwanderung droht (es gibt Unternehmen z.B. in der Stahlproduktion, Maschinenbau, Chemie, deren Energiekosten höher als die der Arbeitskosten sind), indes viele Ausnahmegenehmigungen nun wohl auch an Unternehmen gehen, die so nicht betroffen sind von den Energiekosten (Strom). Es gibt großen politischen Regelungsbedarf. Das sollte man aber – so Frau Prof. Kemfert europaweit machen und zudem neben dem reinen Energieverbrauch u.a. auch Standortfragen damit verbinden.

Eine zentrale Instanz mit nationaler Bedeutung sollte kommen:

Bundesministerium für Energie mit eigenem Staatssekretär

Das Grundproblem der Politik: Rahmendaten setzen aber auch kleinteilig umsetzen. Geht die Politik auf die Missstände ein oder lässt sie alles wie es ist?

Dr. Krawinckel sieht ein großes Problem darin, dass alle Bundesländer vor allem/nur die eigenen Interessen sehen. Bayern will viel Solarstromförderung, Schleswig-Hosltein den Wind ausbauen und Nordrhein-Westfalen günstigen Strom für die Industrie. Jeder hat „Spezialinteressen“, vieles klein-klein. Es gäbe kein Korrektiv, aber dieses sei die Basis für das Gelingen der Energiewende. Wie im Gesundheitssektor so sind da viele moralischen Verpflichtungen, indes es klar sein muss, dass man es nicht allen Recht machen kann. Da muss eine feste Planungssicherheit her und ein klar-definiertes, koordiniertes Vorgehen. Was nützt der viele Wind, wenn es keine Leitungen gibt, diesen Strom zum Verbraucher zu befördern ? Leitungen oberirdisch oder unterirdisch ? Kernkraft eventuell doch länger laufen. lassen ? Neue Kohlekraftwerke im Bau. Kurzum: da muss eine verantwortliche Instanz her, ein Bundesministerium für Energie. Die Bundesländer können dann da gerne „bestellen“, was sie energiepolitisch wünschen, sie müssen/sollten dies dann aber auch selber bezahlen. Dann käme da ein „förderlicher Druck“ rein, quasi als „heilsames Mittel“. Interessant von der Seite Greenpeace, Herr Breuer: Der schwarz-gelbe Atomausstieg könnte sogar effizienter sein in der Entwicklung als der rot-grüne Ausstieg. Ja, da sollte eine Instanz her, die die Gesamtverantwortung trägt und die Grundsätze der Aufgabenteilung festlegt. Forderung aus der Runde: Energieministerium mit nationaler Bedeutung und ein dafür einen eigenen Staatssekretär.

Pieter Wasmuth sieht sein Unternehmen, Vattenfall auf gutem Wege. Man sei 2.größter Windkraftbetreiber nach Dong. Kohlekraftwerke werden abgeschaltet, aber wo kommt der Strom her? Wer macht das Geschäft? Wann macht man was? Solarstrom am Mittag in großen Mengen sei ja gut, nur wohin damit, wenn gerade zu dieser Zeit niemand den Strom braucht? Wie funktioniert der Stromtransport? Frage der Speicherbarkeit. Ist das EEG überhaupt reformierbar? Ein brutaler Umverteilungsmechanismus, doch der Politiker, der es abschaffen will, wird nicht wieder gewählt, so eines seiner Schlussfolgerungen.

Frau Prof. Kemfert gibt sich desillusioniert, was eine europäische Lösung angeht. Da gibt es keine Abstimmung, es funktioniert nicht, leider. Und die Hoffnung, dass nicht erst eine Krise entstehen muss/entsteht, bevor man das Problem zu lösen beginnt. Klar, ein zentraler Treiber muss her. Es müsse auch viel mehr auf Themen wie Energieeinsparung und Energieeffizienz geschaut werden. Smart-Grid, also intelligente Stromnetze, sind die Zukunft.

Wie soll der Strommarkt der Zukunft aussehen ?

Wir, man sollte nicht kleinteilig, sondern europäisch denken und handeln. Deutschland kann da eine perfekte Vorreiterrolle im positiven Sinne übernehmen. Ein Infrastrukturprojekt der Zukunft. Forschung in Speichermedien könnten Exportschlager werden. Systemische Lösungen sind wichtig und man muss die Chancen sehen, die darin liegen, u.a. auch welche Effekte auf die Wirtschaft ausstrahlen. Leider werde – so die Runde – zu viel in schwarz-weiß-Bildern diskutiert, also die Debatte eine akademische sei, die weit weg von der Wirklichkeit geführt wird. Das bedarf einer Umkehr und Wandlung. Statt Markt-Design ein neues System-Design? Und: es darf keine Denkverbote geben, sondern eine ergebnissoffene Diskussion aller Beteiligter, so der Konsens der Runde. Zudem Themen wie dezentrale Kraft-Wärmekoppelung stärker fördern. Über neue, innovative Lösungen nachdenken. Einflüsse auf Umwelt & Mensch berücksichtigen. Was sind Kosten und was sind Investitionen in die Zukunft? Verlässliche politische Rahmenbedingungen müssen her!

Eine gut gemischte Runde, in der kontrovers aber auch vor allem konstruktiv diskutiert worden ist.

Sven Jösting

 

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